Dienstag, 11. Oktober 2011
Frau X., niveauvoller Partner gesucht?
Dieser Betreff einer Spam-Mail bringt mich zum Nachdenken. Warum hat der Verfasser gerade dieses Adjektiv gewählt? Hätte ein anderes nicht dafür gesorgt, dass mehr Leute die Mail öffnen? Zum Beispiel: Wohlsituierter Partner gesucht? Perfekter Partner gesucht? Gefühlvoller Partner gesucht? Romatischer Partner gesucht? Oder denkt der Verfasser, dass Niveau all diese Eigenschaften vereint? Was ist schon Niveau? Meiner Meinung nach wird dieses Wort überschätzt. Immerhin hat jeder Niveau. Jetzt bleibt nur noch die Frage, ab wann man nivauvoll ist. Voll mit Niveau, vielleicht sogar überfüllt, zuviel des Guten. Denn Niveau ist wohl etwas Gutes, sonst würde es ja nicht überall so angepriesen, oder?
Niveauvoll steht für intelligent, gebildet, höflich, kultiviert. Wohlklingende Worte. Aber letztendlich doch ziemlich leer, nichtssagend, vielleicht sogar langweilig.
Niveauvoller Partner gesucht? Nee danke, nicht unbedingt.
Donnerstag, 6. Oktober 2011
Heute eine weiße Plastiktüte gesehen, die vom Wind herumgewirbelt wurde. Natürlich sofort an "American Beauty" gedacht. Und an Jane und Ricky, die anders sind als alle anderen. Die sich gefunden haben, obwohl sie nie gedacht hätten, dass sie mal jemanden finden. Die sich gegenseitig verstehen, obwohl sie den Rest nicht verstehen, vom Rest nicht verstanden werden.
Eine einfache weiße Plastiktüte tanzt im Wind, minutenlang. Ricky filmt sie. Ricky filmt tote Vögel. Ricky filmt Jane. Er filmt alles, was er schön findet. Dinge, die andere nicht als schön empfinden.
Man könnte den Film noch zu Tode analysieren und dabei Worte fallen lassen wie "American Dream", "Pursuit of Happiness", Schönheitsideale, unterdrückte Gefühle, Wünsche, Anpassung.
Wenn man das alles aber weglässt, zeigt der Film uns im Endeffekt nur etwas, was man schon weiß, was man schon als Kind lernt: Jeder findet etwas anderes schön, jeder hat seinen eigenen Geschmack.
Aber dies zeigt der Film auf eine wunderbare, künstlerische, berührende Art, die sehr tief blicken lässt.
Mittwoch, 5. Oktober 2011
Das Telefon klingelt. Los, zusammenreißen. Glücklich klingen. Ja, mir geht's gut. Nein, ich bereue meine Entscheidung nicht. Klar, hier gibt's viele tolle Leute. Nein, ich komme nicht nach Hause. Na ja, ein bisschen vermisse ich euch schon. Lachen, hoffentlich klingt es echt. Nur mit halbem Ohr zuhören, beschäftigt klingen, demonstrieren, wie unwichtig die Welt am anderen Ende des Telefons geworden ist. Bloß nicht zu viel von mir erzählen. Ab und zu etwas einwerfen. Dann das Gespräch frühzeitig beenden, Gefühle unterdrücken, keine Sehnsucht aufkommen lassen. Ja ja, muss jetzt echt aufhören, du weißt ja. Ja, ich melde mich bald wieder. Ja, bis dann.

Stille. Leere. Lügen.
Er: Hallo. Bin zu Hause. Wie war dein Tag?
Sie: Bin früh aufgewacht und spät aufgestanden. Hab meinen Kaffe getrunken, dabei aus dem Fenster geschaut und übers Leben nachgedacht. War zwischendurch mal draußen, weil ich mir nicht mehr sicher war, ob ich noch existiere.
Er: Schön schön. Irgendjemanden besuchen gewesen?
Sie: Das Internet.
Er: Na, das ist doch was. Gibts was Neues?
Sie: Keine neuen Mails, noch nichtmal Werbung, aber es ist immer für mich da.
Er: Das hört man doch gern. Irgendwelche besonderen Vorkommnisse? Oh, warte, da ruft jemand an.
Sie: Ich nehme meine Medikamente nicht mehr.
Er: So, erledigt. Tschuldigung, was hattest du gesagt?
Sie: Schon gut.
Er: Na dann. Ich zieh mich jetzt um und dann muss ich auch schon fast wieder los zum Meeting. Soll ich uns danach Essen holen oder meinst du, du könntest was kochen?
Sie: Ich habe keinen Hunger.
Er: Gut, dann bring ich uns was Leckeres mit. Bis nachher.
Sie: Tschüss.
Montag, 3. Oktober 2011
Worüber ich mich ja aufregen könnte, sind Blogs, die den Link zur Blogger.de Startseite entweder ganz unten auf der Seite, irgendwo versteckt, oder gar nicht haben. Was denken sich die Schreiber dieser Blogs? Dass alle Leute ewig auf ihrer Seite verweilen wollen, um ihre Meisterwerke zu lesen? Dass mehr Leute ihre Schriftstücke kommentieren, wenn sie erst ganz nach unten scrollen müssen, um wieder in den Genuss anderer Blogs zu kommen? In manche Blogs möchte ich eben nur mal kurz reinschauen, ist das denn zu viel verlangt? Natürlich, man könnte jetzt einwenden, dass es ja noch den Zurück-Pfeil im Browser gibt. Das ist aber nicht dasselbe, wie ich finde. Denn dann muss ich ja die Seite erst noch aktualisieren, um auf dem neuesten Stand zu sein. Stört nur mich das? Bin ich in dieser Hinsicht vielleicht etwas zu streng mit meinen Mitbloggern?
Wie gesagt, ich könnte mich aufregen. Aber ich mache es nicht. Meistens jedenfalls.
Samstag, 1. Oktober 2011
Als ich den Kofferraum öffne, fliegen mir drei bunte Luftballons entegegen. Total vergessen, jetzt ein kleines Alltagswunder. Der Wind packt sie und wirbelt sie davon. Ein Kontrast zum grauen Himmel. Ein Moment Farbe in diesem grauen Tag. Schaue noch kurz hinterher, dann sind sie aus meinem Sichtfeld verschwunden. Mache mir nicht die Mühe, sie einzusammeln, keine Zeit, es muss weitergehen. Vielleicht zaubern sie ja noch jemand anderem ein Lächeln ins Gesicht, inmitten der Alltagstristesse. Das wärs wert.
Mittwoch, 28. September 2011
Ein Haus mit Blick aufs Meer. Wer träumt nicht davon? Aber was, wenn der Traum dann wahr wird? Den Blick gedankenlos in die Ferne schweifen lassen. Die Wellen, die Boote, der Horizont. Sehnsucht nach etwas, das man doch jetzt hat. Dann wird der Traum zum Alltag und ist kein Traum mehr. Ab und zu schaut man noch aufs Meer, flüchtig, im normalen Stress. Ein schlechtes Gewissen, weil man nicht gemerkt hat, wann man aufgehört hat zu träumen.
Montag, 26. September 2011
Hundertzwanzig Kilometer geht es nur geradeaus. Nein, nicht ganz, zwei mal abbiegen nicht vergessen. Immer geradeaus, das einzige Auto weit und breit. Die Fahrbahnmarkierungen sind der einzige Begleiter. Könnte auch auf der Gegenspur fahren. Es stört niemanden. Der Inbegriff von Freiheit? Einfach fahren, an nichts denken, auf nichts achten müssen. Keine Rücksicht nehmen, aber doch zurück blicken. Der Blick zurück im Rückspiegel, in dem die Landschaft so anders, so vielversprechender aussieht als das, was vor mir liegt. Die Geschwindigkeitsbegrenzung konstant überschreiten, es kümmert keinen. Fühle mich wie in einem Poster. Das Poster, was jeder kennt. Eine leere Straße, die auf einen Berg zuführt, irgendwo in Amerika, Australien, whatsoever. Der Berg ist das Ziel? Der Weg ist das Ziel? Alles wirkt surreal, verlassene Zivilisation, marode Gebäude. Keine Geräusche, nur das Surren der Reifen auf der Straße und das Rauschen im Radio, das keinen Sender findet. Weltuntergangszenario. Vielleicht ist die Welt schon untergegangen, aber hat mich vergessen. Allein auf einer Welt, die es nicht mehr gibt. Nicht der letzte Mensch auf der Erde, sondern der letzte Mensch im Nichts.
Freitag, 23. September 2011
Heute geht es auf in die große Stadt. Endlich etwas Anonymität. Allein unter vielen. Bloß nicht auffallen. Treiben lassen. Umherschlendern. In der Buchhandlung vergraben bis es dunkel wird. So tun, als wäre ich eine erfahrene Weltenbummlerin, Einzelgängerin. Ich brauche niemanden, niemand braucht mich. Von außen durch die Fenster der Cafés, Restaurants und Clubs spähen. Aber nur kurz, bloß keine Sehnsucht aufkommen lassen. Ich will ja gar nicht dazu gehören. Ich stehe lieber am Rand und schaue zu. Und warte auf den Augenblick, wo er ganz zufällig mit mir zusammenstößt. 'Oh, Entschuldigung, hab dich gar nicht gesehen. Moment, ich helf dir beim Aufsammeln. Kann ich dich auf nen Kaffee einladen?' Schön wärs. Aber ich trinke keinen Kaffe. Weil ich keinen Kaffee trinke, werde ich wohl für immer unsichtbar bleiben. Welch tragisches Schicksal.
Donnerstag, 22. September 2011
Und immer wieder Erinnerungen an diesen einen Abend, diesen einen Typen. Man merkt, wenn man seinem Seelenverwandten begegnet. Ich habe ihn getroffen. In einem Club mit schlechter Musik. Wir beide zu schüchtern, um den ersten Schritt zu machen. Sein Kumpel hat dann schließlich alles geregelt. Eine halbe Stunde ist viel zu wenig Zeit. Danach nie wieder gesehen. Vielleicht vertippt, als ich ihm meine Nummer gab. Vielleicht doch nicht seelenverwandt. Alles schon viel zu lange her. Weiß ich noch, wie er aussieht? Danach Vorwürfe gemacht. Hätte ich ihn doch mal früher angesprochen. Warum hab ich mir nicht seine Nummer geben lassen? Wir hätten zusammen glücklich werden können. Diese Augen. Nach dem Abschied nochmal umgedreht. Der klischeehafte Blick zurück, der in diesem Moment aber gar nicht klischeehaft schien. Könnte ich doch nur die Zeit zurückdrehen. Weiß seinen Namen, weiß ungefähr, wo er wohnt. Zu feige, ihn zu suchen. Vielleicht war ich für ihn ja nur irgendwer. Jetzt ist es zu spät, Chance verpasst. Letzte Nacht von ihm geträumt. Leider aufgewacht. Sauer auf mich selbst.