Leute, die einen vorzüglichen selbstgebackenen Schokoladenkuchen nach französischem Rezept verschmähen, sollten ebenfalls aus dem Freundeskreis verbannt werden. Zumindest zeitweise.
Fehlerhafte Abendplanung, die entsteht, wenn man sich zu viel auf einmal vornimmt:
Früh ins Bett gehen - ja, auch an einem Freitagabend muss das manchmal sein - aber vorher noch ein paar schriftliche Dinge erledigen. Dann fällt einem ein, dass man ja noch duschen wollte. Danach warten, bis die Haare wieder trocken sind, da man am nächsten Morgen nicht völlig unvorzeigbar aussehen möchte. Also in der Wartezeit im Kopf eine Liste erstellen mit eher zweitrangigen Sachen, die man schon längst erledigt haben wollte, aber nie dazu gekommen ist. Anschließend anfangen, diese Liste abzuarbeiten, denn jetzt ist endlich der richtige Zeitpukt gekommen.
Und schon rückt die Schlafenszeit wieder in weite weite Ferne.
Das kleine Mädchen in der Latzhose steht auf einem Hocker vor dem Spiegel. Die Bastelschere in der Hand, die Zungenspitze lugt zwischen den Zähnen hervor, sie ist hoch konzentriert. Es ist Samstagmorgen, früher Morgen, die Sonne ist gerade erst verschlafen am Horizont aufgetaucht. Das Mädchen betrachtet sich kritisch. Dann nimmt sie eine Strähne ihres strohblonden Haars und schneidet sie ab. Schnipp. Ein kleines Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus. Erneut hebt sie die Hand mit der Schere, die nächste Strähne fällt auf das dunkle Parkett. Stück für Stück, Strähne für Strähne, vollkommen ruhig, schneidet sie sich die Haare ab. Vorher schulterlang, jetzt kurz, wie ein Junge. Als sie fertig ist, nimmt sie ihr Werk in Augenschein. Sie ist zufrieden. Ihre Mutter schläft im Nebenzimmer, samstags schläft sie immer lang. Samstag ist auch immer der Tag, an dem fremde Männer am späten Nachmittag das Haus verlassen, selten ist es zweimal derselbe.
Das Mädchen in der Latzhose mit dem kurzen Haar holt den Staubsauger, um ihr langes Haar, das ihre Mutter so liebt, aufzusaugen. In der frühmorgendlichen Stille scheint der Staubsauger noch lauter zu sein als sonst. Bald steht die Mutter in der Tür. Verschlafen, schwarze Ringe vom verwischten Make-Up unter den Augen, eine Zigarette in der Hand. Sie versteht nicht, was sie sieht. Es ist zu laut, zu früh, zu hell. Ist das ihr kleines Mädchen? Was hat sie getan. Was hast du getan, fragt sie benommen, was hast du getan. Das Mädchen macht den Staubsauger aus. Ich habe dir doch so gerne Zöpfe geflochten, Frisuren gemacht, mit Schleifen und Spängchen und allem drum und dran. Schau doch, mein schönes langes Haar, willst du denn nicht so aussehen wie ich?
Das kleine Mädchen antwortet nicht. Es tritt auf die Stelle am Staubsauger, auf die man treten muss, damit die Schnur surrend im Inneren verschwindet. An Regentagen kann man sich damit wunderbar die Zeit vertreiben. Aber heute ist kein Regentag.
Ich gehe jetzt raus, sagt das kleine Mädchen. Die Mutter zieht sich wieder ins Schlafzimmer zurück, dort warten zerwühlte Laken, stickige Dunkelheit und ein fremder Mann auf sie.
Das Mädchen in der Latzhose geht nach draußen und legt sich auf das Trampolin im Nachbargarten. Sie darf das, nimmt sie an. Beschwert hat sich noch nie jemand, wenn sie minutenlang, stundenlang, regungslos auf dem Rücken lag und in den Himmel geschaut hat. Sich im endlosen Blau verloren hat, nach Wolkentieren gesucht hat, sich weggeträumt hat. Vielleicht ist es ein magisches Trampolin, ein Trampolin, das sie unsichtbar macht, sobald sie es betritt.
Aber heute besitzt es keine magischen Kräfte. Schritte nähern sich, das Mädchen kehrt langsam in die wirkliche Welt zurück. Der Nachbarsjunge steht vor dem Trampolin. Er ist älter als sie, nach dem Sommer kommt er schon in die vierte Klasse. Er fragt, ob er auch aufs Trampolin kommen darf. Sie nickt, natürlich, es ist ja seins, aber lieber wäre sie allein. Aber nett ist es schon, dass er fragt. Er legt sich vorsichtig neben sie und sagt kein Wort. Er macht es ihr leicht, sich vorzustellen, sie sei immer noch ungestört. Schon bald ist sie mit den Gedanken schon wieder weit weit fort. Aber irgendwas ist anders. Behutsam, um ihn nicht in seinen Tagträumereien zu stören, dreht sie den Kopf in ihre Richtung. Er hat sie die ganze Zeit angeschaut. Sie sieht seine grünen Augen, seine Sommersprossen. Er lächelt sie an und sagt, die kurzen Haare stehen dir gut. Das Mädchen in der Latzhose sagt nichts, sie lächelt nur still zurück.
Ich in zwanzig Jahren:
Nach einem langen und öden Tag im Büro, dessen Highlight die Mittagspause mit meinen ebenso langweiligen und öden Kollegen war, komme ich nach Hause. Nach Hause in die Eigentumswohnung, für die er und ich so hart gearbeitet haben. Mittlerweile haben wir unser Ziel vom trauten Heim, Glück allein, verwirklicht, trotzdem arbeiten wir weiterhin hart. Wir arbeiten und arbeiten, denn was erwartet uns schon zu Hause? Ein familiärer Feierabend, bestehend aus einem gemeinsamen Abendessen und einem anschließenden Aufenthalt vor dem Fernseher. Vermutlich hat er was gekocht, er kommt früher als ich von der Arbeit, einer muss ja die Kinder abholen. Vielleicht gibt's aber auch aus Bequemlichkeit was vom Chinesen oder von der Pommesbude unseres Vertrauens. Ich frage Kind 1, wie es in der Schule war und Kind 2, wie es im Kindergarten war. Beide erzählen mir mit leuchtenden Augen Geschichten, Erlebnisse, Gedanken, aber ich höre nicht hin, nicke nur halbherzig, mit den Gedanken bin ich noch bei meinem Bürojob. Wenn ich aufmerksamer hinsehen würde, würde mir vielleicht auffallen, dass ihre Augen mal heller geleuchtet haben. Er blödelt mit den Kinder herum, bringt sie zum Lachen, bis es darum geht, wer die den Tisch ab- und die Küche aufräumt. Kind 1, du weißt, Mama und Papa haben den ganzen Tag hart gearbeitet, du kannst ruhig mal etwas helfen und Kind 2, du packst auch mit an, in deinem Alter hab ich schon ganz andere Sachen gemacht. Die Kinder machen sich maulend an die Arbeit, fangen an sich zu streiten. Ich weise sie entnervt zurecht. Muss das denn immer sein? Müsst ihr euch immer immer streiten? Wir setzen uns in die Fernsehsessel, er rechts, ich links, er mit Kind 1 auf dem Schoß, ich mit Kind 2. Wir schauen auf die Mattscheibe und haben uns nichts zu sagen. Dann geht es ins Bett, er liest Kind 1 eine Gutenachtgeschichte vor, ich lausche seiner Stimme und erinnere mich vage, dass es mal eine Zeit gab, in der ich nichts lieber gehört habe. Kind 2 nehmen wir mit in unser Bett, es füllt die Leere, den Abstand, die Distanz zwischen uns aus.
Am nächsten Tag dasselbe Szenario. Am Tag danach auch. Dann ist Freitagabend, Wochenende. Er bringt mir in Plastik verpackte Tankstellenrosen mit und ich freue mich darüber. Zur Abwechslung bestellen wir uns Pizza. Für uns gibt es Wein, für die Kinder Limonade. Die Kinder schlafen später vor dem Fernseher ein, wir sind noch wach und sehen uns an. Früher, vor Jahren, konnten wir Stunden damit verbringen, uns anzusehen. Uns in den Augen des anderen verlieren. Wir sahen unser Spiegelbild in den Augen des Gegenüber, fühlten die Magie und dachten, dass es immer so sein würde. Er ein Teil von mir, ich ein Teil von ihm. Jetzt sehen wir uns an, zwei Spiegelbilder, die zusammen und doch alleine leben, jedes für sich. Wenn ich ihn ansehe, sehe ich, dass er älter geworden ist. Dass wir älter geworden sind. Dass ich älter geworden bin. Ich schaue ihn ungern an. Wir betrachten uns, sagen nichts. Ich weiß, was er denkt. Er weiß, was ich denke. Weißt du noch, vor zwanzig Jahren, da hatten wir Träume, Wünsche, Visionen. Wir wollten die Welt bereisen, Abenteuer erleben, uns später gemeinsam niederlassen. Hauptsache wir beide, wir beide zusammen, solange wir uns haben, kann die Welt uns nicht in die Knie zwingen. Kinder? Natürlich, keine Frage. Unsere Kinder werden einmalig, wir werden sie mitnehmen auf unsere Reisen, mit ihnen zusammen die Welt entdecken, lernen, mit ihren Augen zu sehen. Wir werden Lebenskünstler sein, Lebenskünstler voller Liebe, Liebe für uns, für unsere Kinder.
Und wo sind wir jetzt? Haben wir all das vergessen, hinter uns gelassen, daran vorbei gelebt? Unsere Kinder sind doch einmalig und liebenswert, nicht wahr? Kleine große Helden, Künstler, voller Fantasie. Ja, vermutlich. Wo ist unsere Energie geblieben? Wir wollten mit unseren Kindern die wunderbarste Zeit unseres Lebens verbringen, Geschichten erfinden, barfuß laufen, Kissenschlachten machen, im Regen tanzen. Wer sind wir geworden? Was wird aus uns?
Unbequeme Fragen, die wir nicht beantworten wollen, aber beantworten könnten, wenn wir uns mit ihnen auseinandersetzen würden. Aber das tun wir nicht. Stattdessen macht er rasch noch eine Flasche Wein auf, ich bedanke mich erneut für die Tankestellenrosen, dann wenden sich unsere Blicke wieder dem Fernseher zu.
Noch sage ich, dass eine solche Szenerie ein Albtraum für mich wäre. Aber was, wenn ich in zwanzig Jahren denke, dass genau das immer mein größter Traum war?
Mr. Man im Buchladen. Einer der besten Sketche aus "Little Britain".
Owner: Hello. I did not know you liked books. Mr. Man: Hello. Yes, I like books very much. Owner: Are you looking for anything in particular? Mr. Man: Not really. I was just wondering if you had any books on mediaeval English music between the dates 1356 and 1390? Owner: Ehm... I can't see anything here. Margaret knows all the books. One moment. Margaret! Margaret! Margaret: Yes? Owner: There's a gentleman here who wants to know if we've got any books on mediaeval English music dating between 1356 and 1390. Margaret: Paperback or hardback? Owner: Paperback or hardback? Mr. Man: Oh, you know me. I'm easy. Owner: He says he is easy. Margaret: There should be one, over by the Mike Gatting autobiography. Owner: Oh, yes, here we are. “A History Of Mediaevil Music, 1356 to 1390”. Mr. Man: Sorry, I didn't grip in time. Mr. Man: Sorry, I gripped too soon that time. You may have to hold it. Owner: Right. Well, what do you reckon? Mr. Man: How many pages does it have? Owner: Ehm, 312. Mr. Man: Oh. I was hoping for something more along the 306 mark. Owner: Right. Mr. Man: Do you think the author might be interested in rewriting his work to cut it down? Maybe if you cut out all the “O”s, you might lose six pages there. Owner: I... I don't think so, no. Mr. Man: Maybe I'm being too specific. Owner: You are being a little specific, yes. Mr. Man: Ok. Have you got any books? Owner: Have I got any books? Mr. Man: Yes. Owner: Well, yes, we've got hundreds of them. Mr. Man: I'll take them, please. Owner: Oh, right. Oh. You, ehm... you must really like reading. Mr. Man: Oh no. Unfortunately, I'm blind.
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