Donnerstag, 21. Juni 2012
Sie sitzen sich gegenüber. An einem Tisch auf der Terrasse ihres kleinen Lieblingscafés, direkt am Meer. Die Besitzerin bringt ihnen die bestellten Getränke und beachtet sie danach nicht weiter. Sie stört sich auch nicht daran, als sie die an anderen Orten gefürchteten, nicht gern gesehenen, oftmals sogar untersagten, selbst mitgebrachten Speisen hervorholen. Sie sitzen sich gegenüber und essen Kartoffelchips und Sandwiches. Chips und Sandwiches, die nach Sommer schmecken und nach Meeresluft, nach Freiheit und Zeitlosigkeit. Sie sehen sich an und sie lächeln sich an. Und sie reden. Nicht zu laut, nicht zu viel, er mehr als sie. Er, in seinem dunkelblauen Pullover, den sie so an ihm liebt. Er redet langsam und bedächtig, denkt laut, macht Pausen, um an seiner Selbstgedrehten zu ziehen. Dann schauen sie beide dem Qualm nach, der sich langsam auflöst vor dem sommerblauen Himmel. Er nimmt das Wort wieder auf, Gedanke folgt auf Gedanke. Manchmal berühren sich ihre Hände in der Chipstüte oder auf dem Weg dahin, dann müssen sie beide grinsen, jedes Mal, völlig unwillkürlich. Sie begnügt sich damit, ihm zuzuhören, ihn anzusehen, mehr braucht sie nicht. Sie lässt sich forttragen von seiner Stimme und versinkt gleichzeitig in der Betrachtung ihres Gegenübers. Sie will sich alles genau einprägen, jedes Detail dieses Moments, nie mehr etwas davon vergessen. Das Meer zu ihrer Linken, unendlich blau, unendlich weit. Der Himmel über ihnen. Der Geruch der sonnengewärmten hölzernen Tische und Stühle. Er, der ihr gegenüber sitzt. Ungekämmt, mit Dreitagebart und zerissenen Jeans. Hier müssen sie nicht aussehen wie jemand, der sie nicht sind. Hier können sie sein. Sie sind. Glücklich.
Als es ihnen zu kühl wird, gehen sie zurück zum Auto. Fast vergessen sie, zu bezahlen. Sie setzen sich ins Auto, lesen, hören Musik, leise, schauen aufs Meer, auf den Horizont. Ihr steigen die Tränen in die Augen angesichts so viel Schönheit. Die Schönheit des Moments, der Welt, ihrer und seiner Welt, die sie sich geschaffen haben. Aber auch angesichts des Gedankens, dass sie bald, allzu bald wieder ohne ihn im Auto sitzen wird. Er wird dann viel zu weit weg sein, nicht mehr zum Greifen nahe. Und sie, die niemals von sich gedacht hätte, dass sie zum Glücklichsein jemand anderen braucht, wird alleine sein.