Im Kino IV
"Seelen" - lang erwartet, schwer enttäuscht. Wieder mal ein Beispiel dafür, dass aus einem guten Roman ganz schnell ein oberflächlicher Film werden kann.
Denn "Seelen" ist ein guter Roman von Stephenie Meyer, ein spannender Roman, facettenreich, mitreißend und natürlich auch ein bisschen schnulzig. Genauso wie die Twilight-Bücher, die in Filmform zur Twilight-Saga wurden - groß, bombastisch und effektheischend.
Auf der Leinwand bietet "Seelen" kaum Spannung. Die Komplexität des Themas Mensch vs. Alien, das nun wirklich nicht gerade neu ist, im Buch aber neu aufgegriffen wird, fällt unter den Tisch, wo auch ein paar dieser Sätze hingehören, die tatsächlich gesagt werden, nicht nur einmal, wie z.B.: Das hier ist Krieg oder: Sie ist der Feind.
Standardsätze, die keine Standardsätze sein sollten, eben weil sie so klischeebedienend sind, und wohl den Ernst der Lage deutlich machen wollen.
Das Facettenreichtum und die Spannung lassen also zu wünschen übrig.
Was bleibt ist die Schnulze, aber davon viel:
Küsse im Regen, leider nicht nur einmal, was schon zu viel wäre. Verwaschene Rückblenden in warmen Farben und Erinnerungen an Sommertage, wo die Welt noch in Ordnung war. Stockende Stimmen, die ständig behutsam auf der Suche nach den richtigen Worten zu sein scheinen, in flachen und lahmen Dialogen, die sich ständig wiederholen, hat man den Eindruck. Tränen, Sonnenuntergänge, Geigen, Gefühlswirrwar. Das alles immerhin vor einer eindrucksvollen landschaftlichen Kulisse, der man, wenn man sich Mühe gibt, nicht sofort ansieht, dass sie am Computer erstellt wurde.
Die Menschen zeigen wie der Höhlenmensch von heute lebt: Ausgestattet mit allen Raffinessen, macht er es sich in exakt rechtwinkligen Räumen unter der Erde gemütlich, gekleidet vorzugsweise in braunen, grünen und roten Farben im täglich wechselnden Hipster-Outfit.
Um es dem Zuschauer besonders leicht zu machen, die Gegensätze zwischen Menschen und Seelen zu erkennen, ist alles, was die Seelen betrifft futuristisch, verchromt und in Silber-, Grau-, und Weißtönen gehalten.
Zwischen diesen beiden Fronten steht also eine Seele, die in den Körper einer Widerständlerin eingesetzt wurde, und schon nach kurzer Zeit feststellen muss, dass sie nicht alleine in dem Körper ist, denn Mel, die starke Kämpferin, ist auch noch da. Wanda, die Seele, selbst für ihre Spezies auffällig gutmütig, ist in einem Zwiespalt gefangen.
Ich auch. Ich weiß nicht, ob ich ihr, meiner Meinung nach gelungen verkörpert und gespielt von Saoirse Ronan, ob ihrer Verletzlichkeit und den verschreckten blauen Augen den Kopf tätscheln oder eben diesen gegen die Wand hauen soll wegen ihrer nervtötenden eintönigen und nachsichtigen Stimme, deren Emotionslosigkeit so gar nicht zu der vielfältigen Mimik passen mag - wirklich das einzig facettenreiche an diesem Film.
Ich glaube, ich muss ihr den Kopf tätscheln. Für ihre Stimme kann sie ja nichts, da sollte ich mir wohl lieber die Synchronsprecherin vorknöpfen.
"Seelen": Den Roman unbedingt lesen, den Film eher meiden.